Dienstag, 27. November 2012

Lesebrief Kornwestheimer Zeitung 31.10.2012


Leserbrief an die Kornwestheimer Zeitung, 31.10.2012

Auch die deutliche Mehrheit der Eltern, deren Kinder den Hort Karlstraße besuchen, ist alles andere als begeistert von der Lösung, ihre Kinder bald in einem Indoorspielplatz ohne geeignete Freiflächen, dafür aber in täglicher Reizüberflutung betreut zu wissen.

Die Vorgehensweise der Stadtverwaltung, die Eltern nicht im Vorfeld darüber zu informieren, wie die Ausgestaltung des Horts aussehen soll, und dass man sie schlichtweg einfach niemals ins Boot geholt hat, hat keinerlei Vertrauen in das Projekt geschaffen und ist sicher auch eine der Ursachen für die breite Ablehnung seitens der Elternschaft.
Ob die Erzieher der beiden betroffenen Horte je mit in die Planungen integriert wurden, ist mir nicht bekannt. Es wäre aber nicht verwunderlich, wenn auch dies nicht geschehen wäre.

So bleibt allen nur die Beschaffung von Informationen über die Medien.
In einem kurzen Bericht der Kornwestheimer Zeitung konnte man vor einigen Monaten lesen, dass alle Auflagen, die für Kinderbetreuungseinrichtungen gelten, natürlich auch eingehalten würden. Es ging hier speziell um die Fenster, da es Bedenken gab, die Kinder wären in den neuen Räumen ohne Tageslicht.
Genügend Freiflächen und auch Ruhezonen scheinen allerdings nicht zu den allgemeinen Bestimmungen für Einrichtungen dieser Art zu gehören.
Außerdem bedeutet ja eine formale Erfüllung aller Auflagen nicht, dass diese auch kindgerecht und menschlich sind.
Die Chance, gemeinsam das Beste aus der Situation zu machen, wurde verspielt. 

Die Ravensburger Spielewelt ist, losgelöst vom Schülerhort betrachtet, sicher ein Gewinn für Kornwestheim, keine Frage.
Wenn die Kinderwelt allem Anschein nach die einzige Möglichkeit war, noch mehr Spielhöllen- und Ramschkultur in der Innenstadt zu vertreiben, hat sie sicher ihre Berechtigung.
Aber die Ganztagesbetreuung der Kornwestheimer Schulkinder so untrennbar mit dem Thema Ravensburger zu verknüpfen, drängt die Bedürfnisse der Kinder (und vielleicht auch die der Erzieher) völlig in den Hintergrund. Ich denke, die Planer und Entscheidungsträger in Sachen Wette-Center haben es versäumt, im Zuge einer eigentlich guten Idee hier genauer hinzuschauen und die Bedenken vieler Eltern ernst zu nehmen.

So wirkt es, als müssen die Hortkinder einzig dafür herhalten, die Voraussetzung des "öffentlichen Zwecks" zu erfüllen, den die wirtschaftliche Beteiligung der Stadt an dem Spielelandprojekt mit Steuergeldern erfordert. 

Die Balkone als Ersatz für einen Garten können wahrscheinlich auch nur unter Aufsicht genutzt werden, weil die Gefahr besteht, die Kinder könnten herum klettern oder etwas herunter werfen.
Der Stadtgarten als Alternative zu einer fehlenden Freifläche wird, meiner Meinung nach, auch schwierig umzusetzen sein.
Die Erzieher haben wirklich alle Hände voll zu tun und "Ausflüge", auch wenn es nur über die Straße geht, sind ein organisatorischer Mehraufwand, der nicht immer zu leisten ist.
Die Kinder kommen nämlich zu den unterschiedlichsten Zeiten aus der Schule und müssen dann essen und bei den Hausaufgaben betreut werden, das alles muss erst einmal koordiniert sein.
Da bleibt nicht mehr viel Zeit für spontane Spiele im Park, da der Betreuungsschlüssel das wahrscheinlich gar nicht hergibt.
Zumal ja noch abzuwarten wäre, ob es nicht zu Beschwerden aus dem Altenheim kommt oder von anderen Anwohnern.
Ein schlechter Witz ist wohl auch, dass 2007 die Kinder aus dem Park mittels Vollzugsdienst eben wegen solcher Beschwerden vertrieben wurden, es jetzt aber wieder ohne Weiteres möglich sein soll, da zu spielen.

Die Hortkinder müssen eine jederzeit frei zugängliche Freifläche haben, wo sie rennen und toben können, wo sie draußen an der frischen Luft die Möglichkeit haben den Stress von Schule und Hort, den der Alltag in so großen Kindergruppen mit sich bringt, wieder auszugleichen.
Man überlege sich einmal, was es für ein Kind bedeutet, unter 60 anderen Kindern in der reizüberfüllten Umgebung eines Indoorspielplatzes ihre Mittage und Nachmittage zu verbringen. 
Dem Bericht der Kornwestheimer Zeitung vom letzten Freitag zufolge werden die Räume des Horts in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kinderwelt sein,- d.h. die Kinder sind täglich auch den verlockenden Konsumangeboten von Shop und Gastronomie ausgesetzt.

Die Bezeichnung "Aufbewahrungsort" für den Hort in Ihrem Artikel trifft daher das Gefühl der Eltern ziemlich gut.

Die Aussage, dass "die Vorbehalte der Eltern spätestens vier Wochen nach dem Umzug zerstreut seien", zeigt, dass hier die Eltern überhaupt nicht gehört werden und wurden. Vielen bleibt einfach gar keine Wahl, sie müssen das Hortangebot nutzen, weil sie aus beruflichen Gründen Kinderbetreuung über die Grundschule hinaus benötigen. Zu begrüßen wäre es, wenn sich Frau Keck der Eventualität öffnen würde, dass es schlichtweg oft nur Resignation ist, die sich da bei der Elternschaft breit macht und keinesfalls ein Umdenken.
Ich erinnere mich auch an eine Aussage seitens der Verwaltung, dass eine Stadt gar nicht verpflichtet sei, überhaupt so etwas wie Hortplätze anzubieten.
Muss man also im Umkehrschluss einfach mit dem zufrieden sein, was man angeboten bekommt, seinen Job kündigen oder weg ziehen? Das kann es doch nicht sein.

Die Stadt Kornwestheim zeigt sich mir  zur Zeit in ihrer Selbst- und Mediendarstellung als eine Stadt der großen Bauprojekte. Ob dies nun neue Straßen, Sporthallen oder ein Kulturzentrum sind, man präsentiert sich gerne damit und ist stolz darauf. Die Menschen, die das alles dann aber nutzen sollen, werden wohl mitunter aus den Augen verloren.

Auch, dass der Umzugstermin vor der Zustimmung des Gemeinderats bekannt gegeben worden ist, gibt mir den Eindruck, als ob das Demokratieverständnis in dieser Sache etwas abhanden gekommen ist.

Spätestens jetzt wäre eine schnellstmöglich einberufene Informationsveranstaltung für ALLE Eltern und auch andere Interessierte mehr als angebracht, um sich ein umfassendes Bild machen zu können und um alle offenen Fragen zu klären. 
Wenn der Umzugstermin bereits feststeht, muss es ja auch präsentationsfähige Unterlagen zu den Räumlichkeiten mit allem drum und dran geben, die der Öffentlichkeit nicht länger voreintahlten werden dürfen.
Es kann nicht sein, dass Auskünfte darüber nur nach und nach in der Zeitung nachzulesen sind. 


Silke Holzbog